Lyrik

Heiteres und weniger Heiteres - aber Wahres














Heinz Erhardt

Die alten Zähne wurden schlecht
und man begann sie auszureißen -
die Neuen kamen gerade recht,
um mit ihnen in's Gras zu beißen

Heinz Erhardt

Das Leben kommt aus einer Zelle
und manchmal endet's auch in einer solchen, -
bei Strolchen.



Frank Matthä-Hollitzer

Ach diese verdammte Hoffnung -
sie raubt mir glatt meinen vorzeitigen Tod



Frank Kammacher

Nach dem Anfang

Als der Anfang zu Ende war, nahm die Lapalie ihren Lauf. Erst ganz langsam, dann etwas mehr, bis sie zur Lawine wurde. Plötzlich war sie ein böser Geist, der die Tage belagert und Leere in unser Antlitz grub. Erwürge mit mir dieses Monster und laß unsere Augen wieder strahlen.



Frank Kammacher

Mein Kind

Na, hast du gut geschlafen, hast du geträumt, hattest du Angst in deinem Traum oder lachtest du ?
Du brauchst keine Furcht zu haben, ich bin doch da, mein Kind. Komm in meinen Arm und spüre meine Wärme. halt dich fest und fühl dich wohl.





Frank Kammacher

Ungewissheit

Ich bin in der Nähe der Tür und warte, dass es klingelt, aber es klingelt nicht.
Nicht mehr, warum nicht ? Mein Gefühl sagt mir, daß es nie mehr klingelt, warum warte ich dann noch ? Was kommt noch? Werde ich irgendwann wieder atmen können und vielleicht aus vollem Herzen lachen ? Schenkst du mir mal wieder voll ein oder zeigst du mir nur das leere Glas.


Frank Kammacher

Provinzbelmondo

In Eisenach da wohnt ein Mann
der ganz gut Karten spielen kann
und nicht nur das, auch Schach und Mühle
und im Gesichte bleibt er kühle.

Der Deckel schon vom Bier ganz rund
ne Kippe in dem schmalen Mund
die Augen cool und wie zwei Schlitze
nun brüllt er wie ein Irrer "Spritze".

Das Massaker nimmt seinen Lauf
und Hass blitzt in den Augen auf.
"Nun werdet ihr gerupft ihr Schweine,
gleich hab ich eure bunten Scheine".

Die Spannung weicht, er grinst ganz cool
mit arroganten Brauen -
ich bin ein Held macht's so wie ich
und ihr braucht nicht zu klauen.

Es ist fünf Uhr und er ist voll
genau wie seine Taschen -
er torkelt und er singt im Geh'n,
was seid ihr doch für Flaschen.

Na, kennt ihr ihn der hier beschrieben
die graue Eminenz ?
Wer ihn gesehn, dem fiel er auf
durch pure Dekadenz.


Charles Bukowski

Diese öden Scheißer

Die Toten kommen angerannt
und halten quer zur Laufrichtung
Reklameschilder für Zahnpasta hoch
die Toten sind besoffen
in der Silvesternacht
zufrieden an Weihnachten
dankbar am Erntedankfest
gelangweilt am 4. Juli
untätig am Tag der Arbeit
ratlos an Ostern
albern im Krankenhaus
nervös bei jeder Geburt;
Die Toten kaufen sich
Socken und Unterhosen
und Gürtel und Teppiche
und Vasen und Couchtische
Die Toten tanzen mit Toten
Die Toten schlafen mit Toten
Die Toten tafeln mit Toten

Die Toten kriegen Hunger
sobald sie einen Schweinskopf sehen.

Die Toten werden reich
Die Toten werden toter

Diese öden Scheißer

Dieser Friedhof über der Erde

Ein Grabstein für den ganzen Schlamassel
und darauf gehört die Inschrift:
Menschheit, du hattest von Anfang an
nicht das Zeug dazu.


Frank Kammacher

Des Nacht`s im Dunkel
und durch Schnee,
schleicht um die Laube
Madame "B.".

Sie hat den Franki an der Hand
und einen Schlüssel im Gewand.

Nach Hause kann sie nicht,
die Gute -
da wartet Lutzi mit der Rute!

Der Frank geht mit, er
kann nichts machen, sonst hätte
er auch nichts zu lachen.

Nun drinnen in dem sünd`gen Ort
nimmt sie ihm gleich die Hosen fort.

Nun geht`s ganz dolle auf und nieder
und Tarzanschreie hallen wider.

Ist nun beendet das Programm
macht Frank sich eine Karo an.

Man liegt nun da, den Kopf auf Brust
und weg ist aller Alltagsfrust.

Dann Arm in Arm die Rennbahn lang,
hemmt langsam jeden Tatendrang.

Am Kindergarten angelangt,
gibt man sich
noch mal schnell die Hand.

Bis morgen dann, ich hol`dich ab,
ein Küsschen schnell ganz
kurz und knapp.

Sie geht nach da, er winkt
noch mal, für beide ist das
ganz fatal.


Frank Kammacher

Wenn du schläfst

Soll ein warmes Licht deinen Körper liebkosen
- wie ich es gern täte,

jede Stelle soll es bedecken
- wie ich es gern täte.

Ich spüre noch den zarten Flaum des Haar`s auf deiner Haut an meinen Lippen und dein Fleisch zwischen meinen Zähnen.


Berthold Brecht

Alles wandelt sich.

Alles wandelt sich. Neu beginnen kannst du mit dem letzten Atemzug.
Alles was geschehen, ist geschehen. Und das Wasser, das du in den Wein gossest, kannst du nicht mehr herausschütten.
Was geschehen, ist geschehen.
Das Wasser, das du in den Wein gossest, kannst du nicht mehr herausschütten, aber alles wandelt sich. Neu beginnen kannst du mit dem letzten Atemzug.


Hermann Hesse

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit und auch jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben. Wir sollen Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen. Er will uns Stuf´um Stufe heben, weiten. Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise, und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden, des Lebens Ruf an uns wird niemals enden….

Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde.

(American Indian)

Steh nicht weinend an meinem Grab,
ich bin nicht dort unten,
ich schlafe nicht.

Ich bin tausend Winde die weh`n,
ich bin das Glitzern der Sonne im Schnee,
ich bin das Sonnenlicht auf reifem Korn,
ich bin der sanfte Regen im Herbst.

Wenn du erwachst in der Morgenfrühe
bin ich das schnelle Aufsteigen der Vögel
in kreisendem Flug.

Ich bin das sanfte Sternenlicht in der Nacht.

Steh nicht weinend an meinem Grab,
ich bin nicht dort unten,
ich schlafe nicht.


Richard Stange

Herr, schenke mir nur einen Augenblick,
einen Augenblick mit ihm,
nur einen Augenblick möchte ich ihn sehen,
ihn umarmen und spüren,
seinen Duft in mich saugen,
mit all meinen Sinnen will ich ihn verschlingen,
auf das mein Kummer ein Ende nehmen mag,
Herr nur einen Augenblick.